05.07. – 12.07.2016 – Calgary
12.07. – 31.07.2016 und 06.08. – 09.08. – Vancouver
01.08. – 06.08.2016 – Sunshine Coast
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Calgary
Auf Kanada haben wir lange hin gefiebert. Annettes enge Verbindung zum Land stammt von einem einjährigen Aufenthalt in Vancouver zur Jahrtausendwende. Außerdem hat sie nette Verwandte in der Stadt.
Aber zunächst lockt uns die STAMPEDE, das größte kanadische Rodeo nach Calgary. Die Ankunft am Flughafen ist Kontrastprogramm zur USA-Einreise: Schon beim Aussteigen werden wir gefragt, woher wir kommen und hören sofort ein herzliches „Welcome to Canada!“ Und so fühlen wir uns auch: willkommen in diesem freundlichen, riesigen Land. Auch unser Airbnb-Gastgeber ist supernett und nimmt sich viel Zeit, uns die Stadt zu zeigen. Er unterstützt bei den Erledigungen, die immer nach der Ankunft in einem neuen Land anfallen: Geld tauschen und die beste lokale SIM-card besorgen, den nächsten Supermarkt orten und einkaufen. Wir wohnen im Nordwesten in der Nähe der Uni mit direkter Bahnverbindung zum STAMPEDE-Gelände in einem nagelneuen Hochhaus mit schöner Aussicht auf die Rocky Mountains.
Viel Zeit die Stadt kennen zu lernen haben wir nicht, denn der Pferde-Rummel geht schon bald los. Darüber hinaus ist unsere innere Uhr mit den langen Wachphasen in Alaskas hellen Nächten so verstellt, dass wir ein paar Tage brauchen bis wir abends wieder normal einschlafen können. So schafft es auch nur Klaus rechtzeitig aus den Federn zu kommen, um morgens um 9 Uhr die Eröffnungs-Parade der STAMPEDE durch Calgarys Downtown zu sehen.
Danach ist das Pferde- und Rummelfieber nicht mehr zu stoppen. Alle weiteren Tage in Calgary verbringen wir auf der STAMPEDE. Es ist eine Mischung von Westernreiten-Wettbewerben auf Weltklasse-Niveau, Rodeo-Challenge mit all seinen Brutalitäten, Jahrmarkt-Rummel für alle Altersklassen, kultureller Treffpunkt für die First Nations im Indianerdorf und Konzert-Festival mit 4 Bühnen auf dem ganzen Gelände.
Wir konzentrieren uns auf die Reit-Wettbewerbe und verfolgen über 4 Tage die Cowboy-up Challenge. Bei diesem Wettbewerb muss das Pferde-Reiter-Team einen Trail-Parcours bewältigen, dessen Elemente den Herausforderungen eines Cowboys bei der Rancharbeit ähneln: So muss z.B. das Pferde entspannt und cool durch Wasser gehen, über kleine Hindernisse springen, über wackelige Brücken laufen, eine Weidetor so öffnen (mit dem Pferdekörper die Öffnung verdecken), dass kein Rind entwischen kann, oder der Reiter muss mit einem Lasso ein (künstliches) Kalb einfangen, auf dem Pferd stehen, mit einem Speer in einen Ring stechen usw. Da der Wettbewerb Weltklasse-Niveau hat, sind nur 10 der besten Reiter Kanadas und der USA eingeladen. Die Hindernisse sind eine echte Herausforderung. So ist eine Brücke nicht einfach eine Brücke sondern ist noch mit leeren Plastikflaschen belegt, ein Sprung führt in einen Planwagen hinein und wieder heraus und zudem wird bei jedem Ritt die Zeit gestoppt.
Wir freuen uns mit all den Kanadiern in der Halle, dass der „kanadische Cowboy“ Jimmy Andersson am 4. Tag Turnier-Champion wird.
Weniger gute Reiter bzw. Ritte sind beim Team-Penning zu sehen, das jeden Nachmittag stattfindet. Hier muss ein Team aus 3 Pferden und 3 Reitern 3 ihnen zugewiesene und mit Nummern gekennzeichnete Rinder aus einer Herde aussortieren und in einen Korral treiben. Da sie dafür nur 60 Sekunden Zeit haben, sieht man rasante Ritte, aber leider auch viel Herumreißen an den Pferden. Die Jungs haben trotzdem Spaß und wir fiebern mit den verschiedenen Teams mit.
An unserem letzten Tag fängt das Cutting-Turnier an. Hier muss der Reiter ein bestimmtes Rind aus der Herde aussortieren und dann beginnt die selbständige Arbeit des Pferde: Es muss das Rind 60 Sekunden daran hindern zur Herde zurückzulaufen. Der Reiter darf nicht eingreifen und ist auch voll und ganz damit beschäftigt im Sattel zu bleiben, denn ein gutes Cutting-Pferde ist geschmeidig wie eine Katze und macht schnelle Sätze nach rechts und links immer dem Rind folgend.
Klaus tut sich einen Rodeo-Nachmittag an mit Wettbewerben wie Tie-Down Roping, Steer Wrestling, Bareback Riding, Saddle Bronc. Not for sissies(!), aber wegen Tierquälerei etwas umstritten.
Am Tag der Abreise finden es Maik und Philipp äußerst schade, aber unser Flug nach Vancouver ist längst gebucht. Für Annette heißt es „back home“.
Nach 10 Jahren wieder in Vancouver! Wir landen bei schönstem Wetter und der Blick auf die Skyline mit Canada-Place, Stanley-Park und Lionsgate-Bridge weckt unsere Erinnerungen. Es fällt aber sofort auf, dass die Stadt sich auch stark verändert hat. Es sind viele neue Tower (Hochhäuser) hinzugekommen und die Hafenregion um den Canada-Place ist neu gestaltet. Aber die Wasserflugzeuge steigen wie eh und je in den blauen Himmel und über Nord Vancouver ist der Grouse Mountain, Vancouvers „Hausberg“ sowie die beiden „Lions“ zu sehen. Dass sich auch unsere Kinder auf eine Stadt freuen, die sie nie gesehen haben, liegt wahrscheinlich an unserer Begeisterung und Vorfreude. Sie kennen längst alle Namen der Freunde und Verwandten, die wir treffen und der Orte, die wir unbedingt besuchen wollen.
Chrisitine, Annettes langjährige Freundin, überlässt uns großzügigerweise ihr Appartement in Nord Vancouver und zieht während unseres Besuchs zu Verwandten. Wir fühlen uns sofort zu Hause und genießen die Nähe zum Seabus, der uns über das Burrard Inlet von Nord Vancouver zum Stadtzentrum bringt, und zum Lonsdale Quay Market, wo es guten Kaffee und leckere Snacks gibt.
Pünktlich zu unserer Ankunft weicht der Dauerregen einem echten Sommer, der bis zum Tag unserer Abreise durchhält. „Genial, schon wieder“, denken wir. Wir haben seit unserem Start im September 2015 nicht nur Dauersommer erlebt, sondern können die Regentage auch an den Fingern zählen.
Wir lassen uns durch die Stadt treiben, müssen keinen Sehenswürdigkeiten hinterher jagen und genießen das Flair der Stadt mit dem Inlet und der Waterfront, das geschäftige Treiben, die Parks und die vielen Cafés die leckeren Specialty Coffee anbieten.
Wir sind jeden Tag unterwegs, es gibt für Kinder viele Möglichkeiten Vancouver zu erleben. So besuchen wir das interaktive Museum Science World am False Creek oder bummeln über Grandville Island, von wo man mit dem Wasser-Taxi eine schöne Bootstour machen kann.
Mit Liz und Dough fahren wir zum Richmond Olympic Oval (eine Olympia-Halle für Speed Bikes) und probieren auf diversen Simulatoren die Olympia-Sportarten wie Wildwasser-Kajaking oder Bob-Rennen aus.
Mal gehen wir mit Christine zu ihrem Lieblings-Strand in einer einsamen Bucht, die fast niemand kennt, oder fahren Kajak in Deep Cove. Die Schluchten des Capilano Rivers und der Lynn Canyon Park mit ihren Hängebrücken sind eigentlich Teil der Stadt und doch pure Wildnis. Letzterer ist hoffnungslos überfüllt. Im reißenden Bach des Kanyons bilden sich tiefe Basins. Trotz vieler Warnschilder und beobachtenden Rangern setzen hier junge Klippenspringer ihr Leben aufs Spiel.
Ein Muss ist für uns auch ein Ausflug nach Bowen Island. Die Kinder genießen die Überfahrt mit der Fähre von Horseshoe Bay mit anschließender Wanderung zum Grafton See.
Gewohnt an die strengen Verbotsansagen der USA an allen Ecken und Enden im Tonfall des „forbidden to…“ „… it’s federal law“ gleich unter Androhung der Konsequenzen „for violation of…“ überrascht uns der sympathische Ton der Autoritäten in ähnlichen Fällen im Stil von „Take a moment to remember…“ oder „as a courtesy to others, please…“
Vor allen Dingen die Treffen mit den Freunden und Verwandten sind sehr lustig. Als Annette das letzte Mal in Vancouver war, hat sie den Sohn eines deutschen Freundes getroffen, der hier seinen Zivildienst abgeleistet hat, und viel mit ihm die Stadt erkundet. Natürlich ist deshalb ein WhatsApp-Hallo aus der gemeinsamen Lieblingsstadt fällig. Die Antwort kommt prompt: „Ich bin auch wieder da!“ Und so verbringt Annette einen herrlichen kinderfreien Tag mit Toby in der Bill Reid Galerie und dem fantastischen Anthropologischen Museum Vancouvers.
Um ein bisschen Zeit für uns selbst und ein kleine Auszeit von der Familie zu haben, wechseln wir uns ab und genießen auch „kinderlose“ Tage in Vancouver, an denen einer mit den Kindern beispielsweise ins Schwimmbad oder an den Strand geht und der andere Kaffeeröstereien, Museen, Shopping Malls besucht oder einfach nur am Canada Place rund um die angelegten Kreuzschiffe schlendert. Zufällig zu dieser Zeit findet dort das Amine Revolution Festival statt, ein aus Japan stammendes Verkleidungsfest, bei dem man in Rollen von Figuren aus Zeichentrickfilmen schlüpft.
Leider fällt uns aber auch auf, dass die Stadt seit unserem letzten Besuch hektischer und teurer geworden ist. Das ist kein Wunder, da sie seit damals um knapp eine Million Einwohner angewachsen ist.
Ganz besonders ist auch, dass Maik und Klaus ihre Geburtstage in Vancouver mit Freunden und Verwandten feiern können. An Maiks Geburtstag besuchen wir das Harmony Arts Festival in West Vancouver mit kubanischer Livemusik im Ambleside Park, Blick über die English Bay zur südlichen Skyline der Stadt. Den Abend krönt das Celebration of Light, ein alljährliches Feuerwerk in der English Bay, das wir über den Gipfeln des Stanley Parks sehen können. Maik nimmt uns nicht ganz ab, dass wir es extra für ihn bestellt hätten, freut sich aber wie ein Schneekönig über das Spektakel.
Und weil es dort so schön war, feiern Klaus und Christine einige Tage später ihre aufeinander folgenden Geburtstage (und unseren Abschied) mit einem Picknick im selben Park.
Aber vorher fahren wir noch ein paar Tage an die Sunshine Coast. Eigentlich wollten wir mit Freunden in deren Strand-Häuschen nach Pender Harbour fahren, was aber leider wegen Krankheit der Gastgeber kurzfristig abgesagt werden muss. Deshalb buchen wir spontan selbst eine Airbnb-Unterkunft an der Sargeant Bay knapp hinter Sechelt. Das große Holzhaus in dem sich die Suite befindet, liegt mitten im Wald an einem Hang und gehört einer sehr netten, inspirierenden Familie aus England. Sie haben ihre Jobs in Europa an den Nagel gehängt, um ihren Traum zu verwirklich. Das riesige Anwesen hat eigene Wanderwege, Bärenpfade (fast jede Woche sind Bären auf dem Grundstück – wir sehen aber keine) und Zugang zu einem großen Biker-Trail-Netz. Von der großen Terrasse vor unserer Suite haben wir einen herrlichen Ausblick bis nach Vancouver Island.
Christine kommt wenige Tage später nach und wir wandern auf den geheimnisvollen Pfaden der Smuggler Cove und paddeln am Ruby Lake. Dave, ein guter Freund aus alten Zeiten und ehemaliger Pilot der Tofino Air, kommt zum Grillen vorbei. Es wird ein sehr lustiger Abend.
Schon in Alaska haben wir den Wasserflugzeugen sehnsüchtig hinterher geschaut und immer wieder Preise für Rundflüge verglichen, aber dann doch verzichtet. In Sechelt ist es dann doch soweit. Dave kennt den neuen Besitzer der Sunshine Coast Air (ehem. Tofino Air) und organisiert uns einen günstigen Rundflug exklusiv für unsere Familie. Der Flug ist Familien-Spaß und Nostalgieflug zugleich. Annette ist schon früher hier geflogen, einmal sogar mit Klaus. Josh, Pilot und Eigentümer, nimmt sich mehr Zeit als vereinbart, erzählt viel über die überflogenen Orte entlang der Sunshine Coast und hat selbst sichtlich Spaß daran. Sehr empfehlenswert!
Der letzte Tag in Vancouver ist verregnet. Christine und Steve bringen uns noch zum Flughafen, wir sind alle ein bisschen traurig, Abschied nehmen zu müssen. Bye-bye Vancouver, bye-bye Canada….